Wie bereits in einem Bilder-Projekt-Eintrag erwähnt, ist vor einiger Zeit meine Oma verstorben. In den Wochen danach habe ich mich viel mit mir selbst und meinen eigenen Gedanken auseinander setzen müssen. Ich habe ein paar liebe Worte von einigen bekommen und auch Beileidsbekundungen, danke dafür.
Von Trauer war bei mir jedoch nicht wirklich was zu spüren, aber ich habe unsere Geschichte noch einmal Revue passieren lassen und viel darüber nachgedacht..
Wenn jemand sagt, dass eine enge Verwandte wie die Oma gestorben ist, geht man automatisch davon aus, dass dieser jemand dieser Verwandten auch nahe gestanden hat. Bei mir war das nicht (mehr) der Fall. Das letzte Mal, dass ich meine Oma sah, war mit 16 Jahren.
Sie verabschiedete mich nach einem Streit mit einem Kuss und den Worten "Du bist doch mein Mädchen.". Danach wollte sie mich nie wieder sehen.
Warum und wie es dazu kam spielt letztendlich für diesen Blogeintrag hier keine Rolle mehr. Fakt ist, meine Oma hat mich mit großgezogen. Und dann mit mir gebrochen. Völlig aus dem Nichts, weil ich annahm, wenn mich nach einem Streit jemand küsst und mir sagt dass alles okay ist käme dass einer Versöhnung gleich. Ich habe sehr darunter gelitten, die ersten Jahre. Ich habe sie unendlich geliebt.
Nun bin ich fast 25. Meine Oma ist tot. Eine der Personen, die mich in meiner Kindheit mit am Meisten geprägt haben. Und ich habe rein gar nichts gefühlt. Nicht eine Träne habe ich vergossen, nicht mal einen Funken Wut gespürt, dass sie es so hat enden lassen. Einfach nichts.
Als meine Mutter mich anrief und es mir sagte war das erste was ich erwiderte: Aber ich möchte nicht mit auf die Beerdigung. Für viele in meinem Umfeld war das unverständlich. Es ist doch immerhin die Oma gewesen. Als Kind war ich doch regelmäßig bei ihr. Und wir hatten so ein enges Verhältnis. Ja. Hatten wir. Vor mehr als 10 Jahren, als die Welt noch in Ordnung war.
Einige fanden es respektlos, dass ich mich dagegen entschieden habe, dieser Frau die letzte Ehre zu erweisen. Einige fanden ich als ihre Enkelin wäre verpflichtet dazu, sie von dieser Welt zu verabschieden. Ich hatte mit ziemlich viel Gegenwind zu kämpfen. Und ich spürte wie mich andere für einen schlechten, herzlosen, emotionskalten Menschen hielten, abstempelten.. Als hätten sie mir am liebsten gesagt: Wie kannst du nur so sein und einfach weitermachen als wäre nichts gewesen, deine Oma ist doch gerade gestorben! Trauere gefälligst!
Zeitweise hab ich mich selbst nicht verstanden. Gelegentlich habe ich mir sogar überlegt, ob ich ein schlechtes Gewissen haben sollte. Ich müsste doch etwas fühlen. Sie war mal eine der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Aber Gefühle kann man nicht erzwingen. Und Dinge ändern sich.
Wie sollte man auch um jemanden trauern, um den man vor vielen Jahren bereits getrauert hat? Meine Oma, die Frau, die ich kannte, die mich bedingungslos liebte, die ist schon vor vielen Jahren gestorben. Rein emotional. Der physikalische Tod spielt dann doch kaum eine Rolle mehr..
Es war letztendlich, nüchtern betrachtet, nur der Körper einer alten dementen Frau, die sich sowieso an nichts mehr erinnerte. Weder an mich, noch an das, was sie mir und anderen während ihres Leben zugemutet hat.
Ich glaube, es ist deshalb wahrscheinlich völlig legitim sich zu distanzieren. Trotzdem brauchte ich eine Weile, das für mich zu verinnerlichen. Und unter anderem deshalb ist es hier auf meinem Blog zum Februar hin etwas ruhiger geworden. Zu ruhig, denn ich hab nicht mal regelmäßig mein Projekt geschafft..
Ich hoffe, ich habe bei euch in dieser Zeit nicht all zu viele Sympathiepunkte eingebüßt. Aber ich schätze, manchmal braucht man einfach ein wenig Luft für seine Gedanken. Und muss sich in sich zurückziehen.
Danke für euer Verständnis. Und auf dass es sich jetzt wieder ändert. :)